Trächtige Rehe? Eiruhe? So lange?
Manchmal sind die Blicke unglaublich, wenn man von der Reproduktionsstrategie des Rehwildes erzählt. Die Paarung – Blattzeit – im Juli und August und Geburt – Setzzeit – im Mai?
Die gesamte Dauer der Schwangerschaft, hier Tragzeit, beträgt damit annähernd 290 Tage. Bei diesem seit 1854 bekannten Phänomen handelt es sich um die sogenannte Eiruhe oder auch Diapause, ein evolutionäre Reproduktionsstrategie um das Überleben von Neugeborenen zu sichern.
Ganz am Anfang der Entwicklung des Rehes wird eine Zygote aus der Verschmelzung von Eizelle und Spermium gebildet.
Die Zellen teilen sich weiter und die in der Entwicklung folgende Blastozyste geht in einem Stadium von etwa 20-30 Zellen in eine Ruhephase. Sie nistet sich nicht in der Gebärmutter ein.
In diesem Zellstadium braucht die Blastozyste keine weitere Energiezufuhr um weiter zu leben, es ist ein optimaler Zeitpunkt für einen Wachstumstopp.
Etwa im November wird die Blastozyste reaktiviert und beginnt mit der Zellteilung. Ab einem 100 Zell-Stadium Ende Dezember/Januar nistet sich die reaktivierte Blastozyste nach der 5 monatigen Ruhephase ein und das normale fetale Wachstum findet statt.
69 Säugetiere (u.a. 3 Fledermausarten, 4 Insektenfresser, 18 Nagetierarten, 41 Raubtiere und 1 Paarhufer) zeigen diese zeitlich verschobene Entwicklung.
2 Formen werden beschrieben.
Zum einen die fakultative Diapause durch Umstände wie Stillen/Säugen, metabolischen Stress, sozialer Stress, Überpopulation usw. bei Nagetieren, Insektenfressern.
Zum anderen die obligate Diapause, die auf Umweltfaktoren beruht bei u.a. Gürteltieren, Mardern, Reh, Flughunden, Bären und Robben.
Die Ursache liegt in den Eiszeiten und der damit verbundenen langen Winterperiode begründet. Durch die Eiruhe war es den Tieren möglich trotz Befruchtung eine gute körperliche Kondition aufzubauen und damit auch Energiekosten zu sparen.
Das Ende der Diapause wird durch eine Kaskade aus Umweltbedingungen eingeleitet, unter anderem durch die Tageslänge, Temperatur und stoffwechselbedingte Änderungen. Die Diapause unter heutigen Gesichtspunkten betrachtet bildet keinen evolutionären Vorteil mehr, da unsere klimatischen Extreme bei weitem nicht mehr in der Form wie während der Eiszeit auftreten.
https://www.rug.nl/research/gelifes/tres/publications/_pdf/ya_eaqrevbiol06.pdf
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3848826/
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23279480
Bischoff TLM (1854) Entwickelungsgeschichte des Rehes. TLM Bischoff1854Entwickelungsgeschichte des Rehes.J. Ricker’s Buchlandlung, Giessen. J. Ricker’s Buchlandlung, Giessen. A