Selten gibt es ein solches Konfliktpotential wie beim Abhängen und Zerwirken, mit Ausnahme von der Diskussion über das beste Kaliber oder den besten Hund.
Schon beim Aufbrechen, obwohl immer mit dem selben Ziel, gehen die Meinungen auseinander. Ob liegend, hängend, geringelt oder nicht, mit Haken, Gefrierclip oder Stöckchen, mit Portable Hochdruckreiniger oder Kanister…
es gibt viele Wege.
Das Abhängen ergibt gleich den nächsten Punkt an dem es eklatante Meinungsverschiedenheiten gibt.
Manche hängen bei Außentemperatur ab bis zum Ende der Totenstarre bevor es in die Kühlung geht, andere arbeiten schnell und verbringen nach kurzem Abtrocknen unverzüglich in die vorgeschriebene Kühlung von 7 Grad Celsius. Andere schlagen direkt nach dem Aufbrechen aus der Decke, legen nasse Tücher aufs Wildbret im Kühlschrank.
Manche lassen bereits vakuumiert und portioniert reifen.
Da es hier keine gesetzliche Vorgabe hinsichtlich der Reifezeit gibt, driften hier die Praktiken weit auseinander und manche Person verstrickt sich in den zahlreichen Fehlerquellen des sauberen und hygienisch einwandfreien Umgangs mit dem hochwertigen Produkt Wildfleisch.
Richten wir den Blick kurz auf die gesetzlichen Vorgaben.
Beteiligte Verordnungen und Gesetze sind:
Eu-Lebensmittelhygiene-Verordnungen:
EG-Nr.852/04 LMHV (Lebensmittelhygiene)
EG-Nr. 178/2002 Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts
EG-Nr.853/04 besondere Vorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs
EG-Nr. 854/04 amtliche Überwachung von zum menschlichen Verzehr bestimmten Erzeugnisse tierischen Ursprungs
EG-Nr.2075/05 auf Trichinen
EG 2074/2005 Mikrobiologische Bedingungen für Wildprodukte
Inhaltlich heißt es Stücke sind unverzüglich aufbrechen, auf bedenkliche Merkmale (FlHV Anlg.2) zu untersuchen, auf bestimmte Temperaturen zu kühlen (Tier-LMHV, Großwild 7°C, Kleinwild 4°C) als auch das Verbot der Reife bis zum Verderb bei Abgabe in den Handel.
Nichtsdestotrotz werden auch in renommierten Magazinen inhaltlich fragwürdige Praktiken teils propagiert und ähnlich wie beim Spiel „stille Post“ verbreitet. Was dabei herauskommt, kann man der Phantasie des Betrachters überlassen.
Grundpfeiler des sauberen Umgangs sollten und müssen immer das unverzügliche Aufbrechen, die vorgeschriebene Kühltemperatur und keine Reife bis zum haut gout sein.
Cold shortening ist für viele dabei bereits ein Fremdbegriff, oftmals wird auch mit polemischen Äußerungen „das kann ja keiner fressen“ die Argumentation anderer niedergemacht. Für den Eigenverbrauch ist freilig vieles erlaubt, was normal nicht in den Umlauf, sprich Handel und damit zum Endverbraucher kommt.
Basics wie der Ablauf der Fleischreife, die molekularen Vorgänge dabei sind vielen heute ein Fremdbegriff, auch wenn die Kundige Person seit 1986 im Jagdscheinkurs mit inbegriffen sein soll. Hier driftet der Wissensstand der angehenden Jungjäger je nach Wahl der Ausbildungsstätte arg auseinander. Leider ebenso auch der Wissensverlust nach dem erfolgreichen Absolvieren der Prüfung. Zu selten setzt sich der/die Einzelne auf den aktuellen Stand, informiert sich über neue Erkrankungen, mögliche Zoonosegefahren oder besucht Seminare oder Fortbildungen.
Was ist optimal bei der Reife?
In der Decke reifen zu lassen, wenig Angriffsflächen für eine mögliche Keimbelastung zu bieten (wenig Schnittflächen, keine Verunreinigungen), genügend Abstand zu weiteren Stücken in der Kühlung, keine zu hohe Luftfeuchte sind erste Punkte an denen sich jeder Konsument halten sollte.
Je nach Geschmackswunsch ist die Dauer zu wählen.
Ob 24 Stunden oder 2 Wochen, der Geschmack und damit die Aromenbildung ist das Resultat der Fleischreife, neben der sich verändernden Struktur der Muskelfasern und der Wasserbindefähigkeit.
Geradezu fanatisch wird meist die eigene Methode missionarisch verbreitet und alle Alternativen als falsch hingestellt. Häufig, wie gesagt, auch mit polemischen Sprüchen dekoriert die jegliche andere Meinung nicht gelten lassen.
Und auch beim Zerwirken zeigen sich Unterschiede.
Was wird verwertet?
Keule, Rücken, Filets, Vorderläufe, Hals besetzen hier die Standardplätze. rippenzwischenräume, Bauchfell, Fleischreste an der Wirbelsäule und Kopf werden bereits vernachlässigt, ebenso wie die Knochen. Die Verwendungsmöglichkeiten sind hier breit gefächert. Hackfleisch aus Kleinteilen, Fonds aus Knochen, Reste für den Hund, der Verwertbarkeit sind hier kaum Grenzen gesetzt.
Röhrenknochen wurden früher abgeschabt genutzt, sei es als Ahlen, Musikinstrumente, Nadeldosen und so weiter, ganz im Sinne der Verwertbarkeit nahezu alles genutzt, so auch der Aufbruch. Die Organe wie Herz, Lunge, Nieren und Leber haben immer noch ihren Wert in der Küche. Pansen wird in anderen Kulturkreisen noch häufiger verwendet (siehe Kuttelsuppe), bei uns in der Regel noch als Hundefutter.
Schon bei der Schnittführung sind die Entscheidungen zu fällen.
Soll der Rücken am Strang verwendet werden, soll ausgebeint werden? Welche Portionen sind sinnvoll und welche Verwendungsmöglichkeiten wurden in Betracht gezogen.
Geschmort, gegrillt, gebraten, gekocht.
Vom Metzgermeister lässt sich eine gute Schnittführung lernen, oftmals schafft das Verständnis für die Körpermechanik – anders gesagt wo sitzt welches Gelenk, wo sitzen Sehnen und Bänder, wie funktioniert das entsprechende Körpergerüst – die Basis um sauber zu arbeiten ohne Wildbretverlust.
Zu Beginn als Jungjäger werden oftmals noch Unsicherheiten auftreten, sei es bei der Wahl des richtigen Werkzeugs, der Methode oder der Schnittführung. aber auch hier gilt die Devise „learning by doing“. Hilfreich auch wenn die Schule nach der absolvierten Jägerprüfung noch zur Seite steht um bei Methoden zu unterstützen und Unklarheiten aus dem Weg zu räumen.
Um so besser die Ausbildung, um so fundierter das Wissen um in diesem Bereich zu beginnen!