Zahlreiche Titel geistern mir durch den Kopf wenn es um das Thema Waidgerechtigkeit geht.
Doch was ist denn Waidgerechtigkeit überhaupt?
Waidgerechtigkeit sind pauschal formuliert die geschriebenen und ungeschriebenen Grundsätze nach denen ein Jäger „wirken“ sollte.
Geschrieben steht dies im §1 Abs. 3 des Bundesjagdgesetzes „Bei der Ausübung der Jagd sind die allgemein anerkannten Grundsätze deutscher Weidgerechtigkeit zu beachten. „.
Weiter hinzuzuziehen sind auch die sachlichen Verbote aus §19 des BJG, in denen zum Beispiel definiert ist, auf welche Tierarten die Nachtjagd ausgeübt werden darf oder welche Mindestkaliber zu nutzen sind. Darüber hinaus gibt es einen Verhaltenskodex, wie das Innehalten nach dem Erlegen eines Stückes, die letzte Äsung und noch weitere Traditionen.
Was aber noch zur deutschen Waidgerechtigkeit gehört ist der Umgang mit dem Werkzeug des Jägers. So hat er sich im Umgang mit Büchse und Flinte zu üben damit er nicht nur auf der Zielscheibe die Zehn trifft sondern auch lebendigen Stück einen sauberen Treffer anbringt. Was dabei oft vergessen wird ist der mitmenschliche Umgang miteinander, der ebenfalls mit dem nötigen Respekt erfolgen sollte.
Das Gedicht von Oskar von Riesenthal aus dem Jahre 1880 ist passend
„Das ist des Jägers Ehrenschild,
daß er beschützt und hegt sein Wild,
waidmännisch jagt, wie sich’s gehört,
den Schöpfer im Geschöpfe ehrt.
Das Kriegsgeschoß der Haß regiert,
Die Lieb’ zum Wild den Stutzen führt:
Drum denk’ bei Deinem täglich Brot
Ob auch Dein Wild nicht leidet Noth?
Behüt’s vor Mensch und Thier zumal!
Verkürze ihm die Todesqual!
Sei außen rauh, doch innen mild,
Dann bleibet blank Dein Ehrenschild!“
Doch was bedeutet das für die Praxis?
Oftmals wird auf Traditionen wenig Wert gelegt. Dennoch kann man auch neutral betrachtet dem Stück „Ehre erweisen“ indem man das Lebewesen, was man dem Kreislauf entnommen hat vollständig verwertet.
Und mit vollständig meine ich tatsächlich vollständig und nicht im Rahmen der heutigen Konsum- und Wegwerfgesellschaft nur Keulen und Rücken.
Was also nun?
Ein Stück wird erlegt und geborgen. Es fängt beim Aufbrechen an. Blut/Schweiss kann aufgefangen und für die Hundeausbildung genutzt werden, Aufbruch wie Schlund (mit aufgeschärfter Drosselklappe) und Gescheide /Magen und Darm kann frisch verfüttert oder getrocknet werden, ebenso Organe die nicht dem menschlichen Verzehr zugeführt werden. Wer keinen Hund hat kennt bestimmt jemanden der ein dankbarer Abnehmer ist.
Nach dem Abhängen/Reifen des Fleisches, der Umsetzung von Glykogen zu Milchsäure wird das Stück aus der Decke geschlagen.
Die Decke kann getrocknet und in Folge gegerbt werden, als Fell oder zur Weiterverarbeitung als Leder. Oder aber, im Rahmen von experimentell archäologischen Selbstversuchen auch zum Kochen verwendet werden. Läufe können entweder für die Hundeausbildung, zur Ernährung des Hundes oder zur Weiterverarbeitung der Röhrenknochen genutzt werden.
Vermeintliche Reste wie das Haupt kann, wie man an nachfolgenden Beispielen sieht, auch verzehrt werden.
Dabei ist, wie bei vielen anderen Punkten vielleicht auch, die eigene Hemmschwelle zu überwinden, die uns aufgrund der Erziehung, des kulturellen Hintergrunds oder anderer Motivationsgründe im Wege steht. Kleine Fleischreste können zu Hackfleisch verarbeitet werde, die rohen Knochen eignen sich auch für Hunde, insofern sie in geringer Menge eingesetzt werden.
Röhrenknochen und Schädel können anderweitig verwertet werden. Als Anhaltspunkte sind hier frühmittelalterliche Nadeldosen, paläolithische Flöten, Charivari oder auch die Nutzung als Schulungsmaterial genannt.
Letztendlich kann das gesamte Tier verwertet werden so dass keine Reste verbleiben und nichts dem Müll zugefügt werden muss. Auch das ist der Respekt einem Lebewesen gegenüber!
(Bilder mit freundlicher Genehmigung von Leah-Morgana Stadler, Martin Roßmeier und André Georg Schellmann)