Vielfach vernachlässigt wird immer wieder der Aufbruch der Wiederkäuer. Neben den immerhin noch hin und wieder verwendeten inneren Organe wie Leber, Niere und Herz wird die Lunge und der restliche Verdauungstrakt kaum noch verwendet.
Die Rede ist von Pansen und Darm.
Doch betrachten wir zunächst die unterschiedlichen Verdauungstrakte unseres Wildes. Wir haben je nach Physiologie und Stoffwechsel spezielle Anpassungen an die Ernährungsform.
Wiederkäuer (Ruminantia) als Pflanzenfresser (Herbivore)
Alle Schalenwildarten (außer Schwarzwild) sind Wiederkäuer!

Netzmagen Rehwild

Aufbruch Rehwild
Sie besitzen drei Vormägen und einen Hauptmagen. Die Vormägen haben unterschiedliche Aufgaben. So ist der Pansen (Zottenmagen, Rumen) eine Sammel- und Gärkammer, ein Speicher mit zahlreichen Schleimhautausstülpungen, den sogenannten Zotten. Hier werden hochkettige Fettsäuren resorbiert, im Sommer Fettdepots angelegt (Feist) und die Zotten sind je nach Tierart spezifisch ausgebildet. Wie bekannt bilden sich die Zotten je nach Nahrungsangebot zurück. Im Netzmagen (Haube, Retikulum) befindet sich eine Schleimhautinnenauskleidung die netzartig ist und dem Magen seinen Namen verleiht. Hier findet eine Größenselektion von Futterpartikeln statt. Große Partikel werden hochgewürgt und wiedergekäut. Der daran angeschlossene Blättermagen (Psalter, Buch, Löser, Omasus) besitzt unterschiedlich große Schleimhautblätter in Falten und dient der mechanischen Zerkleinerung der Futterpartikel sowie dem Auspressen von Flüssigkeit. Der darauf folgende Hauptmagen ist der Labmagen, ein Drüsenmagen in dem eine chemische Verdauung durch Säure und Enzyme stattfindet. Hinter den Mägen folgt der Dünndarm (Zwölffingerdarm, Leerdarm, Kranzdarm, Hüftdarm), der der Aufschließung und Resorption dient. Nährstoffe werden ins venöse Blutsystem aufgenommen. Im Dickdarm (Blinddarm, Grimmdarm, End-/Mastdarm= Waiddarm) findet eine Wasserrückresorption statt und unverdauliche Reste sammeln sich an um durch den (Waidloch) ausgeschieden zu werden. Je nach Tierart gibt es speziestypische Ausformung und Konsistenz der Losung bedingt durch das Schleimhautrelief (Einschnürung der Darmwand).
Nager als Pflanzenfresser (Herbivore)
Nager besitzen einen Drüsenmagen sowie einen großen speziellen Blinddarm in dem Bakterien vorhanden sind, die die Nahrung aufschließen. Der Blinddarm ist in etwa dreifach so groß wie der Magen und dient der Nahrungsfermentation und als Speicher. Hartkot, der bereits nährstoffarm ist, wird ausgeschieden. Weichkot, der durch die Bakterien aufgeschlossen wurde wird in Ruhephasen nochmals gefressen (Caecotrophie) um die Nährstoff in einem zweiten Verdauungsvorgang verwerten zu können.
Haarwild als Fleischfresser (Carnivore) und Schweine als Allesfresser (Omnivore)
Fleischfresser wie Allesfresser besitzen einen einhöhligen Magen der wie der Labmagen enzymatisch und mittels Säure die Nahrung aufspaltet um die gelösten Nährstoffe anschliessend im Darm aufnehmen zu können.
Vögel

Muskelmagen Vogel (Wachtel)

Muskelmagen mit innenliegender Coilinschicht Vogel (Wachtel)
Vögel besitzen zwei Mägen neben dem charakteristischen Kropf in dem die Nahrung gespeichert und vorgequollen wird. Einem kleinen Drüsenmagen folgt hier ein größerer Muskelmagen mit einer innenliegenden Coilinschicht sowie Mahlsteinen die die Nahrung zusammen mit dem starken Muskel mechanisch zerkleinern.
Kommen wir zu den Verdauungsorganen der Wiederkäuer zurück. Meist wird der Aufbruch entsorgt, oftmals auch die inneren Organe. Im Hinblick auf die ganzheitliche Verwertung sind aber auch hier einige Möglichkeiten vorhanden.
Pansen

Pansen Rehwild
Der im Verhältnis größte Magen der Wiederkäuer wird gewaschen als Naturdarm für Wurstwaren, als Kutteln oder für Sülzwurst verwendet. Bekannt ist die einer Jagdwurst ähnliche Sur Rull, bei der der Pansen gewaschen, gereinigt und gewendet wird bevor er zusammengenäht und mit rinderfleischstreifen, Zwiebeln usw. gefüllt wird. Ebenfalls bekannt ist der Pansen als Kutteln, hier wird er gewaschen, gereinigt und in Streifen geschnitten, gebraten, gegart, gekocht oder überbacken. Dabei ist Talg immer zu entfernen, der Pansen sollte lange genug gewässert werden. Je nach Alter des Tieres ist eine kürzere oder eben längere Garzeit zu beachten. In zahlreichen Ländern werden Kutteln traditionell zubereitet.
Netzmagen
Der Netzmagen wird eben so wie der Pansen in Form von Kutteln verwendet.

Blättermagen Rehwild
Blättermagen
Der Blättermagen wird als Darm für die Wurstherstellung und als Kutteln genutzt.
Labmagen

Labmagen Rehwild
Der Labmagen kann ebenfalls als Darm für die Wurstherstellung dienen, aus ihm können bei jungen Tieren auch enzymatisches Lab gewonnen werden was für die Käseherstellung genutzt wird. Labkäse oder auch Süßmilchkäse sind unter anderem Emmentaler, Appenzeller, Parmesan, Mozzarella und Cheddar.
Dünndarm und Dickdarm
Beide Därme können als Hülle bei der Wurstherstellung dienen. Dazu werden sie gut gewaschen, Feist entfernt und anschließend für einige Zeit in Salzwasser eingelegt bevor sie erneut gespült und danach befüllt werden können.
Je nach Spezies erhält man verschiedene Kaliber, was gerade bei „kleineren Arten“ zuweilen viel Fingerspitzengefühl sowohl beim säubern, wenden als auch befüllen erfordert da die Därme dünn und von geringem Durchmesser sind. Wird zu stark am Feist gezogen, reisst der Darm, ebenso beim Spülen. Wird die Wurstmasse unter zu viel Druck eingefüllt reisst der Darm ebenso. Kleine Luftblasen sind bereits bei der Befüllung mit einer dünnen Nadel zu entfernen damit die Wurst beim Brühen nicht platzt.
Man sieht – je nach Region – unterschiedlichste Zubereitungsformen, die heute aber häufig eher unbekannt sind.
Vielmehr ist es oft auch Unkenntnis und zugegebenermaßen auch Entfremdung vor diesenKörperteilen, die von der Zubereitung zurückschrecken lässt. Zumal es auch mit Arbeit verbunden ist die Därme und Mägen zu reinigen. In der schnellebigen Konsumgesellschaft die sich weitestgehend über Massentierhaltung bedienen lässt wirkt es geradezu exotisch Naturdarm selbst erlegter Tiere zur Produktion von Wurst zu verwenden. Die Hemmung auch Körperteile zu verwerten die mit Kot oder anverdautem Nahrungsbrei in Kontakt gekommen sind, ist kulturell bedingt und resultiert auch häufig aus der Unkenntnis der Herkunft von gewissen Lebensmitteln und deren Herstellungswegen. Niere, Leber und Herz werden im Vergleich häufiger aber dennoch selten verwendet. Wie immer ist aber auch hier die Kenntnis der Grundlagen die Basis für einen nachhaltigen und damit auch waidgerechten Umgang mit dem Wildbret. Scheu ist dabei fehl am Platze!
Die Verwendung der Verdauungsorgane mit etwas Geschick auch bei unseren heimischen Wildarten möglich!