Brandaktuell und immer wieder im Gespräch sind Infektionen, die durch Zecken übertragen werden können. Neue Zeckenarten treten auf und mit ihnen auch bisher nicht verbreitete Krankheiten. Doch welche sind das überhaupt? Und sind alle Zecken gleich gefährlich? Wir geben einen kleinen Überblick über die Biologie und das Vorkommen der Zecken und zeigen auf welche häufigen Erkrankungen es möglicherweise nach einem Zeckenstich geben kann.
Die etwa 20 hier heimischen Zeckenarten gehören der Klasse der Spinnentiere, Unterklasse Milben (Überordnung Parasitiformes) und der Familie der sogenannten Schildzecken an. Bereits seit 100 Millionen Jahren sind Zecken im Artenspektrum nachweisbar.
Familie Schildzecken (Ixodidae)
Gattung Ixodes
- Hirschzecke (Ixodes scapularis)
- Gemeiner Holzbock (Ixodes ricinus) sehr häufig
- Igelzecke (Ixodes hexagonus)
- Fuchszecke (Ixodes canisuga)
Gattung Rhipicephalus
- Braune Hundezecke (Rhipicephalus sanguineus)
Gattung Buntzecken (Dermacentor),
- Auwaldzecke (Dermacentor reticulatus) häufig
Gattung Hyalomma (seit 2018!)
- Hyalomma marginatum
Wirte
Da Zecken Blut als Nahrung und zur Fortpflanzung benötigen, wandern sie parasitisch auf Wirte. Das können Haus- und Wildtiere als auch der Mensch sein. Neben Nagetieren, Insektenfressern, Marderartigen, Hundeartigen, Katzenartigen sind auch Cerviden und Boviden betroffen.
Aussehen
Schildzecken sind relativ klein (0,5mm bis 3 cm) und je nach Entwicklungsstadium auch sehr unscheinbar. Männliche Tiere sind kleiner als weibliche Tiere und haben zudem ein kleineres festes Rückenschild. Um ihre Blutmahlzeiten aufnehmen zu können verfügen sie über eine extrem dehnbare Haut.
Der Körper der Zecke ist in zwei Abschnitte einzuteilen.
Im vorderen Kopfbereich, dem Gnathosoma sitzen das Gehirn, die Öffnungen der Tracheen/Atmungsorgane, der Mundapparat der Zecke und gegebenenfalls Augen.
Mit ihren Chelizeren ritzt die Zecke die Haut des Wirtes ein. Das Hypostom, ein mit artspezifischen Zähnen besetzter Fortsatz bohrt und gräbt sich ein (kein Saugrüssel). Im vorderen Körperbereich wird die Nahrung zur Verdauung vorbereitet, hier sitzen der Vorderdarm und Speichelgänge.
Der hintere Körperteil, auch Idiosoma genannt, besteht aus dem Hinterleib, der das Herz, den Magen, den Hinterdarm, die Geschlechtsorgane und den After beinhaltet. Hier sitzen auch die Beine und daran Sinnesrezeptoren (Gruben/Poren). Die Sinnesrezeptoren werden auch als Hallersches Organ bezeichnet (Geruchsorgan und Chemorezeptor). In den Poren/Gruben sitzen sogenannte Sensillen, die mit Haaren vergleichbar sind, die aber als Chemorezeptor fungieren. Sie können vermutlich auf Entfernungen bis zu 10 m wahrnehmen und reagieren auf Stoffe wie Atemluft (CO2) und Schweiß (Buttersäure, Ammoniak und Milchsäure) sowie Helligkeit und Vibration.
Vorkommen
Zecken kommen in gemäßigten Klimazonen vor, sie leben in Wäldern mit einer üppigen Kraut- und Strauchschicht in der auch ihre Wirte vorkommen.
Faktoren die ihr Vorkommen beschränken sind Extreme mit veränderter Luftfeuchtigkeit und Temperatur. Zu trocken und warm ebenso wie zu lange kalte Temperaturen reduzieren die Population. Zeckenarten, wie Hyalomma, die wärmere Temperaturen gewohnt sind verbreitern mit zunehmender klimatischer Erwärmung ihren Lebensraum.
Lebensweise
Zecken können bis zu 10 Jahre alt werden, erreichen in der freien Natur jedoch meist ein Alter von 3 bis 5 Jahren. Männliche Tiere sterben kurz nach der Begattung, weibliche Tiere nach der Eiablage.
Ernährung
Zecken ernähren sich vom Blut ihrer Wirte.
Mit in der Luft erhobenen Vorderbeinen warten die Schildzecken lauernd auf einen passenden Wirt und halten sich bei Kontakt dann an ihm fest. Sie wandern an Stellen mit dünner, warmer und gut durchbluteter Haut wie zum Beispiel Kniekehle, Halsansatz, Leiste oder hinter den Ohren.
Mit dem bereits genannten Mundwerkzeug wird eine Verletzung der Hautoberfläche des Wirtes verursacht, aus dieser dann das Blut aufgenommen wird.
Männliche Tiere können etwa 15 Tage lang Blut aufnehmen bevor die Zecke sich vom Wirt fallen lässt. Weibliche Tiere saugen mehrere Wochen und ihr Körpervolumen nimmt bis zu 20 fach zu. Unverdauliche Reste werden wieder in den Wirt abgegeben.
Während des Stichvorganges werden mehrere Substanzen an die Einstichstelle abgegeben. Der Speichel enthält Proteine, die das Verklumpen des Blutes verhindern und Enzyme gegen Entzündungsreaktionen und Schmerzempfindlichkeit.
Im Detail werden bei der immunmodulatorischen Wirt-Parasit-Beziehung abgegeben:
Gerinnungshemmer (tickanticoagulant peptide =TAP, Serinprotease Faktor Xa Inhibitor) ähnlich Spinne, Skorpione und Schlange
Proteine, die die Fibrinolyse (im Rahmen der Blutgerinnung) beeinflussen (Ixonnexin)
Klebstoff (proteinattachmentcement)
Betäubungsmittel (Enzyme die die Schmerzkaskade auflösen)
Entzündungshemmer (gegen die Immunabwehr des Wirtes, Hemmung der proinflammatorischen Zytokine, IL-8, INF-ß usw.)
Neben den die Einstichstelle beeinflussenden Substanzen können auch Bakterien und Viren, die die Zecke in sich trägt in den Wirt gelangen.
Fortpflanzung
Bei der Paarung der Zecken krabbelt das männliche kleinere Tier unter das auf dem Wirt saugende weibliche Tier und die Geschlechtsöffnungen werden aneinandergepresst.
Nach vollzogener Kopulation lässt sich die weibliche Zecke vom Wirt fallen und sucht sich eine Stelle zur Eiablage. Dabei werden circa 1000-3000 Eier im Takt von etwa 10 min pro Ei abgelegt. Das sogenannte Genésches Organ auf der Unterseite der Zecke, versieht die Eier mit einer Wachshülle gegen Austrocknung.
In drei Stadien entwickelt sich nun das Ei bis zur adulten Zecke. Die aus dem Ei geschlüpften Larven sind Weiß und mit einer Größe von etwa 0,5mm sehr klein. Sie besitzen 6 Beine und wandern z.B. auf Nagetiere um dort für 2 bis 3 Tage Blut zu saugen bevor sie sich fallen lassen und einige Monate ohne Wirt überleben bevor sie häuten und zur Nymphe werden. Diese ist etwa 1 bis 2 mm Groß, hat nun 8 Beine und ist nahezu durchsichtig. Entweder sucht sich die Nymphe einen weiteren Wirt oder verbleibt in einem Ruhestadium bevor sie eine weitere Blutmahlzeit zu sich nimmt. Nach erfolgter Blutaufnahme lässt sich die Nymphe fallen und häutet sich erneut um dann zur adulten Zecke zu werden. Sie hat nun eine Körpergröße von 2,5 mm bei männlichen und 3 – 4 mm bei den weiblichen Tieren. Sie sucht sich nun einen Endwirt und die Paarung beginnt.
Feinde
Auch Zecken haben Feinde wie Pilze, Nematoden (Fadenwürmer), parasitische Wespen und natürlich auch Vögel.
Wirt für Krankheitserreger
Je nach Entwicklungsstadium können Zecken Krankheitserreger auf ihre Wirte übertragen. Durch die Metamorphosen in der Entwicklung werden 90 % der Erreger im Verlauf verloren. Nymphen sind also als infektiöser einzustufen als adulte Zecken. Problematisch ist dabei die unscheinbare Färbung der Nymphen, weshalb sie meist spät erkannt werden. Je früher eine Zecke entdeckt wird, desto geringer ist das Risiko, dass diese bereits Erreger in ihren Wirt abgegeben hat.
Krankheiten
Es gibt eine ganze Reihe an Erkrankungen beziehungsweise ihren Erregern, die durch Zecken übertragen werden können. Neue Fälle von bisher nicht verbreiteten Krankheiten treten auf, wenn sich der Lebensraum von bisher eher im tropischen Bereich üblichen Zeckenarten weiter in gemäßigte Klimazonen verbreitet. Hier sollen nur die häufigsten Erkrankungen angesprochen werden, die Liste hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
- FSME – Frühsommermeningoenzephalitis
- Borreliose -Wanderröte
- Rickettsiose
- Neo-Ehrlichiose
- Babesiose
- Ehrlichiose
- Tularämie
- Anaplasmose