Immer wieder erreichen uns Fragen zum Fuchsbandwurm. Kann man Waldbeeren noch essen? Wie schaut es bei Kräutern aus?
Ist einmal essen schon gefährlich?
Zahlreiche Medien berichten über den Fuchsbandwurm, doch was ist jetzt eigentlich die richtige Handlungsweise um sich sicher vor dem Fuchsbandwurm zu schützen?
Wir haben für euch einige Fakten zusammengetragen und zusammengefasst.
Name: Echinococcus multilocularis Vogel 1955
Klasse: Cestoda (Bandwürmer)
- Endwirte: Rotfuchs, Polarfuchs, Kojote, Wolf, Haushund, Hauskatze, Wildkatze
- Zwischenwirte: kleine Säuger, Wühlmaus, Spitzmäuse, Maulwürfe, Eichhörnchen, Springmäuse, Nagetiere
- Fehlzwischenwirte: Hirsche, Elche, Rentiere, Bisons, Haus- und Wildschweine, Pferde, Nutrias und Primaten wie der Mensch
Der Fuchsbandwurm hat wenig Wirkung auf Endwirte aber eine große Wirkung auf Zwischen- und Fehlwirte!
Es besteht Zoonosegefahr (Übertragung vom Tier auf den Menschen und umgekehrt möglich).
Fakten zum Fuchsbandwurm:
- Körperlänge: 1,4 bis 4,5 mm lang
- Kopfaufbau: Scolex (Kopf) mit 4 Saugnäpfen und Haken 13-18 Stück, 20-34 µm Länge, Rostellum (zwei Ringe den Scolex umlaufend), dieser Körperteil dient nicht der Nahrungsaufnahme sondern nur der Anhaftung im Wirt
- Körperaufbau: 4-5 Proglottiden (Körpersegmente) , letzte stark vergrößert, in jedem ein Satz Geschlechtsorgane (Eier und Spermien – Zwitter)
- Ernährung: Nahrungsstoffe über Pinocytose, d.h. in gelöster Form von der Körperwand aufgenommen (anaerob, Glykolyse)
- Lebensdauer: 1 – 20 Jahre
- Geschlechtsreife: 3 Monate
Wichtig für das Überleben des Fuchsbandwurmes ist eine Verfügbarkeit der Hauptwirte und Zwischenwirte, deren Populationsdichte und Nahrungsspektrum. Es gibt vermutlich eine verursachte Zunahme der Fuchspopulationen parallel zur Zunahme des Bandwurmes, begründet durch eine zurückgehende Pelzindustrie, verringerte Bejagung und Auslage von Tollwutködern.
Lebenszyklus:
- Erwachsener Wurm im Dünndarm des Endwirtes zwischen den Zotten
- letzte Proglottide im Darm enthält etwa 200 reife Eier mit einem Durchmesser von 30-40 µm
- Eier werden über Kot ausgeschieden und sind bei kalten Temperaturen sehr lange überlebensfähig
- Zwischenwirte nehmen Eier auf
- durch Magensäure sinkt der pH-Wert und die Eikapsel löst sich durch weiteren enzymatischen Abbau im Dünndarm auf
- sechshakige Larve (Onkosphäre) wird frei
- Larve dringt im Darm über Epithel ein, wandert über Venen und Pfortader zur Leber (selten Lunge, Herz, Milz)
- Zweites Larvenstadium als Metacestode (Finne, primäre Zyste) beginnt
- Finne/Bläschen ist nicht gallertig gefüllt (wie beim Hundebandwurm = cystische Echinokokkose, der nach innen knospt) sondern ist mit Bindegewebe umgeben, was eine Zyste bildet, im Fall des Fuchsbandwurmes kleinkammerig (multilokulär bzw. alveolär)
- Knospung weitere Finnen und das Wirtsgewebe wird infiltriert (durchwachsen), (im Menschen als Fehlwirt ist die Knospung stark verlangsamt und nekrotisches/abgestorbenes Gewebe liegt ebenfalls vor)
- Drittes Larvenstadium nach 2 – 4 Monaten mit Kopfanlagen (Protoscolex)
- durch Erkrankung des Zwischenwirtes Schwächung und dadurch potentielle Beute für Fuchs, auch bei verenden noch infektiös
- finnenhaltiges Fleisch wird verzehrt und Fuchsbandwurmlarven gelangen in Endwirt
- im Darm des Endwirtes entwickeln sich Scolex und Proglottiden
- Endständige Proglottiden geben Eier ab…..
Mögliche Kontaminationsmöglichkeiten für den Menschen:
- belastete Nahrung (nicht rohes Gemüse, Beeren, Pilze)
- Essen mit verschmutzten Händen
- Einatmen von belastetem Staub (o.ä.) bei u.a. Landwirtschaft, Gartenarbeit
- Hunde- und Katzenhaltung
- alles nur bei Dauerexposition
Diagnostik:
- Makroskopie, Mikroskopie, Serologie, ELISA
- Ultraschalluntersuchung, Computertomographie (CT), Magnetresonanztomographie (MRT), [18F]-Fluoro-Desoxyglukose-Positronen-Emissions-Tomographie (FDG-PET)
Behandlung:
- frühe Diagnose wichtig für eine Heilung, späte Diagnose oft inoperabel
- Entfernung der befallenen Leberteile und weiterer Organe
- Chemotherapie (2 Jahre, falls inoperabel zeitlebens) mit schweren Nebenwirkungen
- palliative Maßnahmen
- Medikation meist zeitlebens erforderlich (kein Absterben der Parasiten durch die Medikation, nur eine Hemmung des Wachstums möglich)
Es besteht eine Meldepflicht bei Erkrankungen!
Zusammenfassend ist Prophylaxe im Umgang mit dem Fuchsbandwurm das einzig Richtige.
Ein sauberer Umgang mit Risikofaktoren ist die Basis dafür, nicht an den Folgen langfristig zu versterben. Das heißt beim Fuchs-Streifen (Tierkontakt) geeignete Schutzbekleidung zu tragen – auch wenn es komisch aussehen mag – Handschuhe, Maleroverall, Mundschutz.
Wer sich dabei die lange Inkubationszeit von 15 Jahren vor Augen führt, sollte nicht zögern dementsprechend in Kauf nehmen, sich adäquat zu schützen. Eine neue Leber ist nicht im Discounter erhältlich, von weiteren Folgen nicht zu sprechen.
Aus Eigeninteresse sollten keine Beeren und Waldfrüchte unter Kniehöhe wegen potentieller Kontamination mit Exkreten gesammelt werden (kontaminierte Lebensmittel). Ist dies wie bei Heidelbeeren o.ä. dennoch der Fall, ist ein Abspülen sinnvoll. Einfrieren bei niedrigen Temperaturen ist leider keine Lösung, denn der Erreger bzw. dessen Eier sind relativ temperaturstabil.
Halter von Hund und Katze sollten regelmäßig ihre Tiere entwurmen und ggf. waschen, falls Hund Fuchskontakt hatte.
Hauptrisikofaktor bleibt dennoch die Belastung durch landwirtschaftliche Stäube. Geschlossene Kabinen am Mähdrescher bieten guten Schutz. Falls nicht vorhanden – adäquate Bekleidung und regelmäßige Bluttests. Bei der sogenannten Echinokokken-Serologie werden Antikörper im Blut nachgewiesen, ebenso können erhöhte Leberwerte und entzündungswerte festgestellt werden. Meist erfolgt dies in Kombination mit bildgebende Methoden wie Ultraschall, CT und/oder MRT. Nur so kann eine frühe Infektion nachgewiesen und vor allem behandelt werden , wenn auch das restliche Leben lang. Ein Trostpflaster: Im Frühstadium entdeckt, reduziert die Infektion mit dem Fuchsbandwurm nicht die Lebensdauer der Betroffenen wenn die Erkrankung behandelt wird.
Und übrigens:
nicht alle Füchse tragen den Fuchsbandwurm in sich, je nach Region kann die Durchseuchung sehr unterschiedlich sein.
Mehr Informationen dazu sind zu finden in der Echinokokkose Datenbank Deutschland.