Wie ihr ja wisst probieren wir immer mal wieder Dinge aus und betätigen uns handwerklich – manchmal nach dem Motto „Versuch & Irrtum“.
So unser neuester Versuch… Kydex-Platten als Scheide.
Nachdem wir ja jahrelang nur Leder als Scheidenmaterial für unsere Messer benutzt haben war das mal etwas gänzlich neues.
Der thermoplastische Kunststoff, genauer ein Acryl-PVC (Polyvinylchlorid) hat laut Hersteller eine hohe Festigkeit und Härte und wird für gewöhnlich beim Holster- und Scheidenbau verwendet. Darüber hinaus ist Kydex schwer entflammbar, ab grob 120 °C formbar, leicht zu bearbeiten und in vielen Farben und Stärken erhältlich. Genug Potential also um daraus eine Messerscheide zu bauen.
Da es den einen oder anderen vielleicht interessiert haben wir daraus ein kleines Tutorial mit dazugehörigem „trouble shooting“ gemacht!
Wir hoffen euch gefällt es (und ihr lasst ein LIKE bei uns)!
Material:
1 Kydexplatte Stärke 2 mm (eine Seite ist immer glatt = innen, eine rauh = aussen)
1 kleiner Backofen
Schere, Cutter, Bleistift, Edding, Papier für Schablone, Malerkreppband (oder Appltape)
Messer
1 Isomatte
doppelseitiges Klebeband
1 Presse (in unserem Fall eine Pflanzenpresse/Buchpresse; 2 Brettchen und Schraubzwingen gehen natürlich auch)
1 Grillzange (das Kydex ist doch ziemlich heiß….)
1 Heissluftfön (für eventuelle Korrekturen)
Schleifpapier, Raspel
Stichsäge (kein zu feines Blatt sonst schmelzen die Ränder, kein zu grobes sonst platzt es ab)
Schraubzwingen oder Klemmen
1 Bohrer mit 3mm (vorgebohrt) und 5,5mm
Ösen, Ösenzange o.ä. (Hammer, Aufsatz…)
nach Gusto Paracord und Aufkleber (…)
Vorbereitung:
1. Messerklinge mit Malerkrepp abkleben (glatt, ohne Falten, ganz wichtig, sonst drückt sich das ins Kydex)
2. Schablone für die Scheide entwerfen (dabei Nieten, die später gesetzt werden berücksichtigen; wir haben lieber etwas mehr Rand zugegeben – abschleifen kann man notfalls immer noch)
3. Isomatte mit Schere in Platten schneiden die in die Presse mittels doppelseitigem Klebeband geklebt werden
Durchführung:
1. Kydexplatten mittels Schablone anzeichnen und Cutter zuschneiden (grober Zuschnitt, eckige Form); wir haben die zum bein gewandte Seite der Scheide mit einem Gürtelclip versehen, die rückseitige Kydexplatte hat also oben einen Fortsatz der später unsere Schlaufe werden soll
2. vorher genau überlegen wo man das Messer tragen möchte (links oder rechts?), wichtig, wir müssten nämlich nochmals erhitzen nachdem wir es erst falsch herum gelegt und gepresst hatten (wichtig: das Zeug schrumpft um so öfter man es erhitzt!)>
Platten zur Probe in die Presse legen und so postieren das Isomatte und Presse gut das Material abdecken
3. Kydexplatten auf Backpapier oder Rost in den Backofen (etwa 120-130 °C) für 1-3 min; Konsistenz muss wie Scheiblettenkäse sein (Vorsicht: heiß, hier Grillzange im Einsatz)
4. Untere weiche Kydexplatte in die Presse legen, Messer rein, obere Platte auflegen (Seiten richtig rum? Rauh aussen, glatt innen?)
5. Presse fest verschliessen, im Normalfall presst nun die Isomatte das Material rund um das Messer
6. Nach 5 – 10 min Presse öffnen
7. Schraubzwingen oder Klemmen anbringen und Löcher an gewünschter Stelle bohren
8. Ösen mit Hammer oder der Zange anbringen
9. mit Stichsäge den überflüssigen Rand absägen und mit Raspel und Schleifpapier glätten
Nun ist man quasi fertig, in unserem Fall kam noch der Gürtelclip. Dazu haben wir mit Hilfe der Heissluftpistole die zu biegenden Stellen erhitzt (wieder Scheibletten-Konsistenz) und das Ganze dann um eine Feile gebogen.
Mit Paracord haben wir die Scheide nun noch umwickelt so dass sie unter Umständen auf einer PALS-Platte (MOLLE) befestigt werden kann. Die Bändsel unten werden noch ausgetauscht, da ist momentan nur ein Platzhalter dran. Ach ja und der Messergriff besteht übrigens aus G10, einem Fiberglaslaminat (Glaswolle mit Epoxyd) ähnlich wie Micarta (war auch ein Erstversuch mit dem Material, wer Infos haben möchte tut dies hier bitte auch kund).
Troubleshooting:
1. Mehr Material berechnen, schrumpft, Gürtelclip könnte länger sein
2. hat sich verzogen durch zweifaches Warmmachen (Seite beachten!)
3. Isomatte schrumpft unter Hitze (eigentlich nicht weiter verwunderlich…)
4. Keine Billigösen (und dazugehörige Schlageisen) benutzen, die Dinger verdullen (siehe Foto)
5. Weit genug vom Messer beim Nieten weg bleiben, sonst hat man eine unschöne Niete (sie schliesst dann nicht richtig)
Insgesamt kann man sagen das die Herstellung eine feine Sache ist. Das Material ist robust, leicht zu verarbeiten und verzeiht sogar Fehler.
Während der Verarbeitung kommen einem ständig Ideen wofür man das noch alles verwenden kann. Mit den richtigen Hilfsmitteln also durchaus ein empfehlenswertes Produkt (auch wenn es an Naturmaterialien natürlich nicht herankommt, aber es ist eben auch anders)!